Was, wenn es unangenehm und sozial nicht akzeptiert ist, unsere Emotionen auszuleben? Oder sie zu überwältigend und traumatisierend sind? Dann hilft uns unser Bewusstsein, indem wir sie unterdrücken. Die Trauer nicht zulassen. Oder die Wut herunterschlucken. Andere halten ihre Freude zurück, um nicht aufzufallen oder verletzlich zu sein. Aber was passiert mit diesen Emotionen, wenn wir sie nicht herauslassen?
Das ist eine Frage, die mich schon lange beschäftigt. Nämlich seitdem ich bemerkt habe, dass Yoga Emotionen in mir freisetzen kann. Teilweise ziemlich drastisch. Wie, als ich in einer Yoga-Stunde in Indien bei einem sehr intensiven Hüftöffner plötzlich unkontrolliert zu schluchzen anfing und nicht mehr aufhören konnte. Jap, das war kein schöner Moment.
Seitdem war ich mir sicher: Unser Körper speichert Emotionen. Wobei speichern eher ein schönes Wort für vergraben ist, denn sie werden aus dem Bewusstsein geschoben.
Umso faszinierter war ich, als ich die Erklärung dafür gefunden habe! Nämlich im Buch „Eastern Body, Western Mind“ von Anodea Judith*. Sie beschreibt genau das, was ich erlebt und vermutet hatte – und kann es sogar erklären. Plötzlich machte alles Sinn!
Aber von vorn: Anodea Judith ist eine Psychologin aus den U. S., die mithilfe des Chakra-Systems arbeitet und ihre Patient:innen therapiert. In ihrem Buch erläutert sie auch, wie das zweite Chakra mit Bewegung und unseren Emotionen zusammenhängt. Meine größten Aha-Momente möchte ich hier gern mit dir teilen.

Unser Körper speichert und spiegelt die Emotionen wider
Für Anodea Judith sind Emotionen und Bewegung im zweiten Chakra untrennbar miteinander verbunden. Wenn wir eine Emotion spüren, bewegen wir uns auch immer mit ihr. Ob wir die Arme hochreißen vor Freude, mit der Faust auf den Tisch schlagen vor Wut oder mit dem Stift herumspielen vor Nervosität. Unsere Körpersprache erzählt unsere Emotionen.
Was passiert also logischerweise, wenn wir unsere Emotionen unterdrücken?
„We control our emotions by freezing our body movement.“
Anodea Judith – Eastern Body, Western Mind
Wir frieren unseren Körper ein. Unterbinden die Bewegung, um die Emotion nicht zuzulassen. Dort wo wir diese Emotionen zwischenparken, sie speichern, dort entsteht Steifheit. Oft sind es steife Hüften, verspannte Schultern oder verkrampfte Unterkiefer, wo wir Emotionen vergraben. Unser Körper nimmt die Emotionen auf und spiegelt sie wieder.
In Verspannungen, aber auch in der Haltung. Wie bei nach vorn gezogenen Schultern oder ein zusammengekniffener Hintern. Wie sich unser Körper anfühlt und von außen aussieht, verrät, was sich emotional in uns abspielt.
Diese Verhärtungen im Körper verhindern dann, dass das Prana, die Lebensenergie, frei fließen kann. So entstehen Blockaden nicht nur im physischen, sondern auch im energetischen und emotionalen Körper.
Langfristig können dadurch sogar Krankheiten entstehen. Im Ayurveda ist zum Beispiel (unterdrückte) Wut mit Nieren, Leber und Blase verbunden. Dort können sich – nach längerer Zeit – Probleme zeigen.
Unterdrückte Emotionen werden zu unserem Schatten-Anteil
Wenn wir Emotionen nicht herauslassen, schieben wir sie nach unten, in unser Unterbewusstsein. Aus den Augen aus dem Sinn. Aber ist das Problem damit gelöst? Leider nein.
Denn dort werden die unterdrückten Emotionen zu unserem Schatten-Anteil. Sie beeinflussen unser Verhalten, ohne dass es uns bewusst ist. Meistens negativ.
„Keeping the shadow in chains requires a great deal of energy and robs the whole of its grace and power. Furthermore, it doesn’t work.”
Anodea Judith – Eastern Body, Western Mind
Dieser Schatten sorgt zum Beispiel dafür, dass wir zwar denken, dass wir nie wütend werden – aber andere mit einer verweigernden Dickköpfigkeit in den Wahnsinn treiben. Oder unsere Neediness leugnen, aber andere manipulieren, um im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen.
Wenn dieser Schatten-Anteil nicht aufgelöst wird, projizieren wir ihn auf andere. Das kann sich auf zwei Arten zeigen:
1. Wir verurteilen andere dafür, wenn sie unsere Schatten-Seite ausleben
Was kannst du an anderen Leuten überhaupt nicht ab? Was triggert dich so richtig? Wenn jemand schnell wütend wird und andere anschnauzt? Wenn jemand seine oder ihre Sexualität frei auslebt? Oder wenn jemand kontrollierend und manipulierend ist? Dann kann das ein Hinweis darauf sein, dass du genau diese Eigenschaft in dir selbst nicht zulassen willst und (mehr oder weniger erfolgreich) unterdrückst.
Doch diese automatische Verurteilung trübt unser Urteilsvermögen. Und hindert uns weiter daran, uns mit diesen Teilen in uns auseinanderzusetzen.
2. Wir ziehen Menschen und Situationen an, die unseren Schatten mitbringen
Da alles nach Balance strebt, kann es auch sein, dass man Menschen und Situationen anzieht, die genau das ins Leben bringen, was man so sehr versucht auszuschließen.
Das kann ein tyrannischer Chef sein, wenn wir unsere Wut unterdrücken. Oder ein Nachbar, der ständig laut und rücksichtslos ist. Irgendwie findet das Leben einen Weg, dir aufzuzeigen, was du noch nicht verarbeitet hast.
Wie können wir diese Emotionen wieder loslassen?
Je größer der emotionale Haufen wird, den wir unter unseren inneren Teppich kehren, desto lauter versucht er sich Gehör zu verschaffen. Noch mehr unterdrücken hilft daher nicht weiter, sondern nur das Loslassen der Emotionen.
Ja, aber wie geht das? Da kommen wir wieder zurück auf den Grundgedanken: Emotionen und Bewegung sind untrennbar miteinander verbunden. So können wir auch Emotionen freilassen, indem wir unseren Körper bewegen.
Yoga gibt uns den Raum und die Übungen, um solche Emotionen durch Bewegung aufzuspüren und herauszulassen. Besonders Hüftöffner und Herzöffner (Rückbeugen) sind berühmt berüchtigt dafür, Emotionen zu triggern. So wie bei meinem intensiven Hüftöffner, der die Tore zur Tränenflut geöffnet hat. Aber auch einige Kundalini-Yoga-Übungen können durch bestimmte Körperhaltungen und Bewegungen Emotionen lösen.
Das könnte dich auch interessieren: Yoga Hüftöffner: 4 Übungen für Anfänger
Anodea Judith schlägt zudem vor, in ein Kissen zu schlagen, um Wut hervorzubringen. Oder die Arme suchend auszustrecken, um lang vergrabene Traurigkeit zu triggern.
Sicher ist, dass das Loslassen der Emotionen wahnsinnig befreiend ist und uns persönlich einen großen Schritt weiter bringt. Oder wie sie schreibt:
„If we run from these emotions […] we run from the very gateway of our transformation.“
Anodea Judith – Eastern Body, Western Mind
Mehr darüber, wie die Therapie bei unterdrückten Emotionen bzw. Problemen mit dem 2. Chakra aussehen kann, findest du in diesem englischen Buch von Anodea Judith:
„Eastern Body, Western Mind“ – Anodea Judith*
Falls du lieber auf Deutsch liest, kann ich dir diese Bücher empfehlen:
Wenn du dich für Chakras interessierst: Atlas der Chakras: der Weg zu Gesundheit und spirituellem Wachstum – Kalashatra Govinda*
Wenn du dich für die Verbindung zwischen Körper und Emotionen interessierst: Embodiment: die Wechselwirkung von Körper und Psyche verstehen und nutzen – Wolfgang Tschacher*
* Dies ist ein Affiliate-Link. Wenn du auf diesen Link klickst und einen Kauf abschließt, bekomme ich eine kleine Provision. Du bezahlst dabei keinen Cent mehr.
17 Comments
Sorry, das sollte eine Antwort auf ein Kommentar von jemandem hier sein. Nicht für dich! Ich kann das alles bestätigen! So ist es! Liebe Grüße Alexandra
Alles gut, danke für deinen Beitrag, liebe Alexandra! 🙂
… [Trackback]
[…] Read More: elenayoga.de/was-passiert-mit-unterdrueckten-emotionen/ […]
Liebe Elena,
Ich finde mich hier in deinem Beitrag gerade wieder, um nach einem Grund für einen jähen Tränenausbruch bei meiner ersten Yoga-Praxis (nach langer Pause) zu suchen. Und ich danke dir sehr für deine Worte und Empfehlungen.
Warme Grüße ☀️
Danke für deine Worte, Lea 🧡 Ich hoffe, dass dich diese Erfahrung dir näher gebracht hat.
Liebe Grüße,
Elena
Hey Elena,
Ich freu mich sehr, dass ich auf deinen Artikel gestoßen bin!
Ich weiss seit längerer Zeit dass ich heftige emotionale Blockaden habe und das was du schreibt harmoniert in mir.
Ich bin gespannt was ich bei diesen Überlegungen erlebe..vielleicht berichte ich mal… 🙂
LG
…ich meinte „Übungen “ 😉
Hallo Lily,
manchmal reichen solche kleinen neuen Erkenntnisse schon, um tiefer gehen zu können. 🙂 Ich bin auch gespannt, teile deine Erlebnisse gern! (auch per Kontaktformular, falls es dir öffentlich nicht wohl ist)
Viele Grüße,
Elena
Sorry, aber das mit dem Yoga und den Emotionen halte ich persönlich für aus gemachten Schwachsinn! Ich hatte noch nie bei Yoga, auch nicht beim Hüft öffner, irgendwelche Emotionen oder Gefühle, die da hochkamen. Ich mache Yoga zum Dehnen und für die Beweglichkeit, alles was darüber hinaus geht, ist für mich im Bereich der Esoterik…!
Hi Simone,
ist ja in Ordnung, wenn du nicht daran glaubst und es nicht erlebt hast. Jede:r macht ja andere Erfahrungen und hat einen anderen Weg. 😉
Alles Gute für dich!
Liebe Grüße,
Elena
Schwachsinn…. was ein heftiges Wort…. und irgendwie auch sehr emotional geladen, dein Feedback.
Wäre auch freundlicher gegangen…. aber wer weiß was hinter dieser Reaktion steckt.
Dein Kommentar fängt mit Sorry an und endet bei Schwachsinn.
Das spricht meiner Meinung nach Bände.
Körper Geist und Seele sind nun mal eins, bringt man die Atmung tief und hält man die Asana länger so kann es zu Ausbrüchen von Emotionen kommen, das ist ein Fakt und kann nicht als esoterische Kram abgetan werden.
Ich bin ebenfalls Yogalehrerin und hab genau dies während meiner Ausbildung auch gelernt.
Schade, denn es ist reine Körpersprache. Wenn du keine Probleme hast oder sie nicht fühlen und sehen willst, dann ist das so. Aber horche mal hinein bei den Übungen. Man kann sich das trauen. Es ist keine Esoterik. Eher psychologisch. Bestätigt dir jeder , der damit zu tun hat. Wer rennt denn zum Physiotherapeuten und stöhnt, dass er vom Stress und falscher Körperhaltung voll verspannt ist?
Liebe Elena,
ein wirklich sehr schön geschriebener und so wertvoller Artikel! Das mit dem „Speichern der Emotionen“ im Körper kann ich nur bestätigen: Ich dachte lange Zeit, ich hätte mit einer sehr schmerzlichen Erfahrung in der Vergangenheit abgeschlossen. Leider hatte ich die Sache aber, wie viele, nur verdrängt. Das ganze Problem schlummerte also monatelang unter der Oberfläche und holte mich irgendwann wieder ein. Das hat mir einmal mehr gezeigt: Wir müssen Emotionen zulassen, sie verarbeiten und defintiv nicht verdrängen oder unterdrücken. Daher: Sehr schön, dass du auf dieses wichtige Thema aufmerksam machst! 🙂
Ich freue mich auf weitere spannende Artikel von dir und sende liebe Grüße
Franzi von begrateful.de
Hallo liebe Franzi,
ja, es ist verrückt, wie sehr man solche Emotionen verdrängen kann, teilweise für Jahre und Jahrzehnte. Aber der Körper vergisst nicht 😉 Wie schön, dass du einen Weg gefunden hast, diese Gefühle hervorzuholen und zu bearbeiten!
Danke für deine Nachricht und alles Liebe für dich ✨
Hallo Elena, das ist alles so wahr, was du schreibst und gleichzeitig so wichtig, diese Erkenntnisse weiter zu geben, damit wir lernen unsere unterdrückten Emotionen zu befreien.
Ich persönlich bin ein richtiger Fan von Hüftöffnern und habe selbst gemerkt, wie wichtig diese für mich sind.
Alles Liebe 🙂
Vielen Dank für deine Nachricht, du liebe! Ja, diese Hüftöffner haben es in sich 😉 Herausfordernd und befreiend zugleich.
Alles Liebe für dich ❤️